Aktueller Stand der Wissenschaft
In den letzten Jahren fiel die Anzahl der Patientinnen und Patienten, die an Darmkrebs erkrankten, stetig. Dieser Fall der Neuerkrankungen aber ist vor allem bei Erkrankten mit später Darmkrebserkrankung zu verzeichnen, also ab einem Alter von über 50 Jahren (Eng: late-onset of colorectal cancer; LOCRC). Im Gegensatz dazu verdoppelte sich die Anzahl an Patientinnen und Patienten, die in einem Lebensalter von unter 50 Jahren an Darmkrebs erkrankten (Eng: early-onset of colorectal cancer; EOCRC). Warum vor allem immer mehr junge Menschen an Darmkrebs erkranken, ist nicht ausreichend geklärt.
Es ist bekannt, dass Darmkrebs durch Veränderungen im Erbgut entstehen kann und dann vermehrt in einem jüngeren Lebensalter ausbrechen kann. Diese Form der Darmkrebsentwicklung macht aber nur einen kleinen Teil der Darmkrebserkrankungen aus, wonach Umweltfaktoren einen bedeutenden Einfluss auf die Darmkrebsentwicklung bei jungen Menschen nehmen müssen. Derartige Umweltfaktoren können wenig Bewegung, Übergewicht und/oder eine westliche Ernährung, die reich an Proteinen und Fetten, aber arm an Ballaststoffen ist, sein. Zusätzlich dazu können aber auch Darmbakterien, oder auch in ihrer Gesamtheit Mikrobiota genannt, die Entwicklung und das Wachstum von Darmkrebs beeinflussen.
Was genau macht der Mi-EOCRC?
Im Mi-EOCRC haben sich über 20 Wissenschaftler:innen aus ganz Deutschland zusammengeschlossen, um gemeinsam besser zu verstehen, wie die Mikrobiota die Entstehung und das Wachstum von EOCRC beeinflussen. Dabei wollen wir untersuchen, ob sich die Mikrobiota zwischen LOCRC und EOCRC unterscheidet, ob diese Unterschiede einen Einfluss auf die Darmkrebsentwicklung haben und ob man das zur Reduktion der Darmkrebsentstehung und Darmkrebswachstum nutzen kann. Dafür haben wir verschiedene Subprojekte (kurz SP) definiert, die die jeweiligen Aspekte genauer bearbeiten. Jedem Subprojekt gehören bestimmte Arbeitsgruppen an, die in dem jeweiligen Feld Expertinnen und Experten sind.
Subprojekt 1
Mikrobiota-Signaturen für die EOCRC-Detektion und die Stratifizierung des EOCRC-Risikos
SP1 soll EOCRC-assoziierte Mikrobiota-Signaturen identifizieren und mit LOCRC-assoziierten Signaturen vergleichen. Basierend auf diesen Signaturen soll eine EOCRC-Risikostratifizierung von Personen mit diätetischem oder familiärem EOCRC-Risiko erfolgen und nachfolgend validiert werden. Darüber hinaus soll die longitudinale Stabilität von Mikrobiomsignaturen untersucht werden.
SP1 zugehörige Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppe von Dr. Georg Zeller am EMBL in Heidelberg
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dirk Haller an der Technischen Universität München
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jochen Hampe am Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus in Dresden
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Matthias Laudes am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Wolfgang Lieb an der Christian-Albrechts-Universität Kiel
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Clemens Schafmayer an Universitätsklinikum Rostock
Arbeitsgruppe von Dr. Michael Zimmermann am EMBL in Heidelberg
Subprojekt 2
Diätetische Regulation der Mikrobiota und funktioneller Beitrag der Mikrobiota zu EOCRC
SP1 wird EOCRC-assoziierte mikrobielle Signaturen für die frühe EOCRC-Erkennung und die Stratifizierung von Personen mit EOCRC-Risiko identifizieren. Ansätze für ein Mikrobiom-Targeting in der EOCRC-Prävention erfordern jedoch den Nachweis eines kausalen Beitrags der Mikrobiota zum CRC. Dies wird in SP2 untersucht. Darüber hinaus werden wir Interaktionen von Ernährung und Mikrobiota in EOCRC untersuchen und tumorregulierende Bakterien und deren Metaboliten von Individuen mit EOCRC-Risiko isolieren und charakterisieren. Dies soll als Grundlage für die Entwicklung von Ansätzen für mikrobielles Targeting in der EOCRC-Prävention in SP3 dienen.
SP2 zugehörige Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dirk Haller an der Technischen Universität München
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thomas Clavel an der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Angelika Schnieke an der Technischen Universität München
Arbeitsgruppe von Dr. Georg Zeller am EMBL in Heidelberg
Arbeitsgruppe von Dr. Michael Zimmermann am EMBL in Heidelberg
Subprojekt 3
Mikrobielles Targeting in der EOCRC-Prävention
Die Identifikation EOCRC-assoziierter Mikrobiomsignaturen in SP1 und die Demonstration ihres kausalen Beitrages zur Tumorentwicklung in SP2 soll in SP3 dazu genutzt werden, Mikrobiota-basierte Strategien zur EOCRC-Prävention zu entwickeln. Zentrales Augenmerk der Förderung ist dabei die Entwicklung von bakteriellen Konsortien für die EOCRC-Prävention.
Subprojekt 4
Prognostische Implikationen von Mikrobiota-Signaturen
SP4 widmet sich der Rolle der Mikrobiota in der Tertiärprävention von EOCRC. Ziele umfassen die Identifizierung von Mikrobiotasignaturen mit prognostischer Bedeutung für die EOCRC Progression, Therapieansprechen und Überleben; die Identifizierung von Mikrobiota-abhängigen Signalwegen mit prognostischer Bedeutung und die funktionelle Untersuchung der Mechanismen über die mikrobielle Signale die EOCRC-Progression und Metastasierung regulieren.
Subprojekt 5
Kommunikation, Dissemination und Koordination
SP5 widmet sich der Entwicklung einer EOCRC-Kommunikationskampagne und der Disseminierung von Forschungsresultaten.